
Khrystyna-Maria Zozulia (34) fühlt sich verpflichtet, einem Waisenhaus für Kinder in der Ukraine zu helfen.
Mein Name ist Khrystyna und ich bin Ukrainerin. Wenn ich das neuerdings erzähle, habe ich das Gefühl, dass es jetzt viel mehr bedeutet, als die Tatsache, dass ich Künstlerin oder Mutter oder irgendetwas anderes bin. Mein Mann und ich sind Fotografen – ich fotografiere hauptsächlich Frauen mit Kindern und schreibe über die Mutterschaft. Ich liebe, was ich tue, und ich würde es gerne weiterverfolgen. Vor Ausbruch des Krieges hatten wir gerade ein Haus außerhalb von Lwiw gekauft, wo auch unsere beiden Kinder geboren wurden. Wir hatten geplant, bald umzuziehen und dort unser Leben zu verbringen.
Ich kann Ihnen von mir erzählen, aber ich befürchte, Sie erwarten eine interessantere Geschichte.
Das Bangen und die Ängste vor einem möglichen Krieg begannen bereits im November 2021. Meine Familie las internationale und regionale Nachrichten, neben der Grenze waren russische Truppen stationiert. Wir versuchten die Situation bestmöglich einzuschätzen und begannen Fluchtpläne zu schmieden. Im Dezember sprachen wir mit Freunden über eine mögliche Flucht nach Polen, aber sie hatten Schwierigkeiten zu begreifen, was wirklich vor sich ging. Wochenlang konnte ich nicht arbeiten, schlafen oder irgendetwas tun – ich erwartete die denkbare Ankunft russischer Flugzeuge jeden Tag. Mein Mann und ich hatten Notfallkoffer gepackt,
…wir dachten, wir wären gewappnet, aber egal wie gut du dich vorbereitest, nichts bereitet dich auf einen Krieg vor.
Kurz nachdem der Krieg ausgebrochen war, sind wir abgereist. Da wir in einer Wohnung in der Altstadt von Lemberg wohnten, die keinen Luftschutzbunker hatte, gab es für meine Familie und mich kein sicheres Versteck. Als wir uns mit dem Auto der polnischen Grenze näherten, blinkte plötzlich ein Warnschild im Armaturenbrett auf. Das Getriebe begann zu stinken und machte seltsame Geräusche. Überall waren Autos und Menschen, aber niemand erklärte sich bereit, uns zu helfen. Im Gegenteil, schlussendlich waren wir noch diejenigen, die trotz kaputtem Auto noch eine fremde Frau mit Kind mitnahmen: So überquerten wir zu Siebt die Grenze in einem Schrottauto – darunter eine Katze und mein Mann – er besitzt nämlich die ukrainische und amerikanische Staatsbürgerschaft. Er fuhr uns nach Warschau, wo das Auto schließlich den Geist aufgab.

Sobald ich in Sicherheit war, schnitt ich meine langen Haare ab.
Es war ein persönlicher Akt der Erlösung.
„Ihr Auto wird in vier Tagen repariert sein“, schätzte der Automechaniker. Mein Mann wollte in die Ukraine zurückkehren, weil er es als seine Pflicht als ukrainischer Staatsbürger empfindet und sein Land liebt. Jede Nacht haben wir geweint und uns verabschiedet und am Ende war das Auto vierzehn statt vier Tage in Reparatur. Wir waren in einer sehr befremdlichen Situation und haben mit einer Psychologin darüber gesprochen. Sie bekräftigte:
Für eine Familie gibt es nichts Schlimmeres als eine Trennung.
Jetzt sind wir ohne Geld in Polen, Ostern ziehen wir zum sechsten Mal in zwei Wochen um. Während unserer Zeit im Exil versuchen wir, anderen Flüchtlingen zu helfen, indem wir Geld für Fonds in der Ukraine sammeln. Wir sehen uns selbst nicht gerne als Flüchtlinge: Mein Mann arbeitet ehrenamtlich, und ich fotografiere Mütter auf der Flucht. Das Geld, das ich mit diesen Fotoshootings verdiene, spende ich für Waisenkinder in der Ukraine.
Jeder kämpft auf seine eigene Weise und die Fotografie ist meine persönliche Art, um Ruhe zu finden.
Die Frauen auf der Flucht, die ich fotografiere, finden eine Ruhe in meinen Bildern – diese fungieren als eine Art Stütze. Wenn ich zu einem Fotoshooting verabredet bin, gehe ich mit offenem Herzen und bin bereit, mit meinem Gegenüber in Kontakt zu treten. Wenn ich die Frauen besuche, geht es nicht nur um Fotografie – so viel öffnet sich, wenn wir miteinander reden. Was das Vertrauen zwischen uns ausmacht, ist die Tatsache, dass wir beide Frauen und Mütter sind, unsere Werte sind fast immer gleich.
Bald werde ich für ein paar Tage nach Lemberg zurückkehren. Ich möchte ein Waisenhaus besuchen, dort den Kindern helfen, für sie singen und auch Fotos machen, um dieses wachsende Problem, das wir in der Ukraine mit dem Krieg haben, bekannt zu machen. Fotografie ist mein Werkzeug, um aufzuzeigen, was gerade los ist und idealerweise finanzielle Unterstützung dafür zu finden.
Während ich mit Ihnen rede, wird mir klar, dass meine Geschichte keine Aufmerksamkeit verdient. Ich denke immer wieder an andere Frauen, die ihren Mann, Verwandte oder alles verloren haben. Ich hatte Glück, andere Frauen auf der Flucht hat es doch viel härter getroffen.
HILFE UND UNTERSTÜTZUNG ERFORDERLICH
Die „ Stadt der Güte “ ist ein landesweites Wohltätigkeitsprojekt, mit dem Ziel, ein sozialer Dienst und Zufluchtsort für die ärmsten Familien zu sein. Das internationale Unterstützungszentrum für Frauen und Kinder „City of Goodness“ braucht dringend Hilfe und Unterstützung. Informieren Sie sich auf der Website und/oder spenden Sie jetzt HIER !
Interview : Sandy Bossier-Steuerwald & Foto ©: Khrystyna-Maria Zozulia