When she was taught German in first grade, I wondered what for – Now I know.

Oksana B. (37) with her daughter Yana (11)

Suddenly, there was this very strong attack to our house located at Pavlovskaya Square in the city center of Kharkiv – immediately I had to make the decision to leave. In the morning Yana and I grabbed our small backpacks while a friend – who was giving us a ride to the train station – was eagerly waiting in the car. We only had 15 minutes, it was our chance to get out… We couldn’t take what we want – we took what we needed: Some clothing, our mobile phones and medicine for a few days.

In a hurry, I forgot my glasses in Ukraine!

I met my husband at work. He was my boss, I was his assistant in the laboratory and when he went on international business trips, I represented him. We were together for 14 years and separated one year ago. He is a very interesting man, I really appreciate his intellect. At the moment, our Labrador is with him in Ukraine and Yana phones him twice a day.

Oksana:           At the age of six, Yana got her ears pierced. I didn’t support this, but she and her Papa wanted to!

Yana:              I actually I want to pierce my nose, as well- yes yes yes!

Oksana:           No, no, no… and the freckles aren’t from me, either. Maybe from your Papa…

Yana:              No, Mama – Papa has no freckles!

Oksana:           Well, maybe they come from my grandmother…?

Yana:              No Mama, it’s simply me!

We never supposed Russia would attack Ukraine. For us, the war was a big shock, because have family and friends in Russia. Our life was very good, we had money, cars, apartments, jobs, we had everything… I actually never thought about leaving Ukraine. When Yana got taught German in first class we wondered: “What for? We are not planning on going to Germany, we want to stay in our hometown!” Now I know.

Back home I always used to help others and now I am in the position to be helped and I do not feel comfortable in this role.


Interview & Photo © Sandy Bossier-Steuerwald

Als sie in der ersten Klasse Deutsch lernen musste, fragte ich mich: Wofür? Jetzt weiß ich es.

Oksana B. (37) lebt derzeit bei Berlin, wo Tochter Yana (11) in die fünfte Klasse geht.

Plötzlich gab es einen sehr starken Angriff auf unser Haus in der Nähe des zentralen Platzes/ Stadtzentrums – sofort musste ich die Entscheidung treffen, zu gehen. Am Morgen schnappten Yana und ich uns unsere kleinen Rucksäcke, während ein Freund, der uns zum Bahnhof fahren wollte, schon ungeduldig im Auto wartete. Wir hatten nur 15 Minuten Zeit, das war unsere einzige Chance, zu verschwinden… Wir konnten nicht mitnehmen, was wir wollten – wir nahmen mit, was wir brauchten: Ein paar Kleidungsstücke, unsere Handys und Medikamente für ein paar Tage.

Ich habe schlechte Augen, aber in der Eile habe ich sogar meine Brille liegen lassen!

Ich habe meinen Mann bei der Arbeit getroffen. Er war mein Chef! Ich war seine Assistentin im Labor, und wenn er auf internationale Geschäftsreisen ging, habe ich ihn vertreten. Wir waren 14 Jahre lang zusammen und haben uns vor einem Jahr getrennt. Er ist ein sehr interessanter Mann, ich schätze seinen Intellekt sehr. Im Moment ist unser Labrador bei ihm zu Hause und Yana spricht zweimal täglich mit ihm.

Oksana : Im Alter von sechs Jahren ließ sich Yana die Ohren piercen. Ich habe das nicht unterstützt, aber sie und auch ihr Papa wollten es so!

Yana : Ich möchte mir eigentlich auch noch die Nase piercen lassen, ja ja ja!

Oksana : Nein, nein, nein… und die Sommersprossen hat sie auch nicht von mir. Vielleicht sind sie von Papa…

Yana : Nein, Mama – Papa hat keine Sommersprossen!

Oksana : Naja, vielleicht stammen sie von meiner Großmutter…?

Yana : Nein Mama, das bin einfach ICH!

Wir hätten nie gedacht, dass Russland die Ukraine angreifen würde. Wir haben Familie und Freunde in Russland, und der Kriegsausbruch war ein großer Schock. Wir hatten ein sehr gutes Leben: Geld, Autos, Wohnungen, Jobs, einfach alles… Ich habe eigentlich nie daran gedacht, die Ukraine zu verlassen. Als Yana in der ersten Klasse Deutschunterricht bekam, fragten wir uns: “Wozu? Wir haben nicht vor, nach Deutschland zu gehen, wir sind in unserer Heimat glücklich und bleiben doch hier!” Jetzt weiß ich es.

Zu Hause habe ich immer Anderen geholfen, aber jetzt bin ich in einer Position, in der mir Andere helfen – ich fühle mich in dieser Rolle nicht wohl.


Interview & Foto © Sandy Bossier-Steuerwald